Bürgergeld: Viele Widersprüche, keine Besserung in Sicht

Mit der Einführung des Bürgergeldes haben die Widersprüche gegen ALG-II-Bescheide in Sachsen zugenommen. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage (Drucksache 8/2558) hervor.

Die Anzahl der Widersprüche gegen entsprechende Bürgergeldbescheide ist seit 2022 auf einem hohen Niveau in Sachsen: stiegen diese zunächst von 29.250 im Jahr 2022 auf 32.088 in 2023, dem Jahr der Einführung des Bürgergeldes, verzeichneten die Jobcenter einen leichten Rückgang für 2024 mit 31.333 Widersprüchen.

Bild: Johannes Ross (inkl ChatGPT)

Dabei sollten laut der vorangegangenen Ampel-Regierung die Jobcenter durch die Reform der Hartz-IV-Gesetzgebung eigentlich entlastet werden. Leicht abgenommen haben die Klagen, die gegen Bescheide des Jobcenters eingereicht wurden: waren es 2022 noch 3.737 Klagen, sank die Anzahl der Klagen von 3.583 im Folgejahr auf 3.454 im Jahr 2024 – eine Abnahme von 7,6% in zwei Jahren. Es stellt sich die Frage, warum überhaupt Widersprüche eingereicht werden oder der Rechtsweg beschritten wird. Widerspruch provozieren offenbar vor allem Fehler bei der Aufhebung von Leistungen, die Berechnung der Unterkunftskosten sowie die Anrechnung von Einkommen und Vermögen.

Letztere fallen insofern ins Auge, da hier die Widersprüche mit der Einführung des Bürgergeldes geradezu sprunghaft anstiegen von 956 (2022) auf 1185 (2023) und dann fast 2000 (2024). Um circa 12% erhöht hat sich zudem die Anzahl von Widersprüchen, die vom Jobcenter zurückgewiesen werden: Waren es 2022 noch 17.000 Zurückweisungen, so stieg die Anzahl im Jahr 2024 auf fast 19.000. Vieles wurde versprochen seitens der Ampel-Regierung.

Jedoch zeigt sich mehr und mehr, dass die Einführung des Bürgergeldes keine erkennbaren Verbesserungen brachte – außer, dass sich der Kreis der Bezieher noch einmal erheblich vergrößerte. Während wir also zunehmend die gravierenden Folgen des ›grünen Wirtschaftswunders‹ zu spüren bekommen und die Arbeitslosigkeit in Sachsen steigt, ist das Jobcenter damit beschäftigt, Widersprüche zu bescheiden – anstatt sich eben um die Vermittlung und Qualifizierung von Arbeitssuchenden zu kümmern.

Jeden Tag wird deutlicher: eine Reform des Arbeitslosengeldes in seiner gegenwärtigen Form ist unabdingbar. Der Fokus ist auf die Vermittlung von Arbeitssuchenden zu setzen. Es ist dem Steuerzahler schlicht nicht vermittelbar, dass sich arbeitsfähige Menschen in diesem Land ins Bürgergeld verabschieden, weil es offenbar derart lukrativ zu sein scheint, nicht arbeiten zu gehen.

Hier wird die Axt an den Gesellschaftsvertrag gesetzt. Ich bin wenig optimistisch, inwieweit die gegenwärtige Regierungskoalition im Bund eine Verbesserung herbeiführen kann: Ob die schwarzrote Regierungskoalition mit härteren Sanktionen bis hin zur Streichung aller Bezüge allein den gewünschten Erfolg erreichen wird, bleibt abzuwarten. Nicht nur hat das Bundesverfassungsgericht hier bereits entsprechende Urteile hinsichtlich der Existenzsicherung gesprochen, die bürokratischen Verflechtungen und Sackgassen erschweren zunehmend eine konstruktive Arbeit.

Darüber hinaus kann der Abbau einmal gewährter Sozialprivilegien einen nicht zu unterschätzenden Widerstand provozieren, der in diesem Fall Millionen von Menschen treffen würde, Ausländer wie Staatsbürger.

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