Wohnungslosigkeit effektiv bekämpfen!
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Gestaltung: Johannes Ross
Am 21. Mai brachte die Partei Die Linke einen Antrag zur Verminderung der Arbeitslosigkeit in Sachsen ein. Zu diesem Antrag hatte ich für die BSW Fraktion einige Punkte vorzutragen. Anbei meine vollständige Rede im Sächsischen Landtag:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
in Sachsen wächst die Wohnungslosigkeit – und die Staatsregierung? Schweigt entweder aus Unwissenheit oder des schlechten Gewissens wegen. Vielleicht ist es ihr aber auch schlicht egal.
Halten wir fest: Über 4.500 Menschen leben im Freistaat in Notunterkünften, die Zahl derer ohne Dach über dem Kopf kann nur geschätzt werden. Was dagegen unternommen wird? Hier ein paar einzelne Projekte, da ein bisschen Förderung – aber eine ernsthafte und zweckmäßige Strategie, um diese Zahlen zu verringern? Fehlanzeige.
Sachsen hat derzeit keinen eigenen Landesaktionsplan gegen Wohnungslosigkeit. Stattdessen setzt man auf den nationalen Plan der Bundesregierung – ist zwar gut gemeint, bleibt aber ohne konkrete Maßnahmen und ohne ausreichende Finanzierung.
Dabei ist klar:
In einem Land mit derart hohen Steuereinnahmen sollte niemand ohne Wohnung sein müssen. Wohnungslosigkeit ist dabei längst kein Randphänomen mehr. Sie ist Ausdruck eines strukturellen Versagens – auf dem Wohnungsmarkt, in der Sozialpolitik und bei der Daseinsvorsorge. Die Mieten in Sachsen sind in zehn Jahren um 26 % gestiegen, der soziale Wohnungsbau wurde zurückgefahren. Zur Wahrheit gehört auch: 70% der erfassten Wohnungslosen haben keine deutsche Staatsbürgerschaft, die größten Gruppen stammen aus Syrien, der Ukraine und Afghanistan. Zudem halten sich allein in Sachsen zum Ende 2024 über 11.000 ausreisepflichtige Ausländer auf. Ein Versagen von Staat und Markt.
Der Antrag der LINKEN benennt viele Probleme. Und wir sagen: Ja – der Staat muss handeln. Der Markt wird diese Krise allein nicht lösen können – er hat sie schließlich mitverursacht.
Allerdings:
Die Finanzierung bleibt im Antrag vage. Es fehlen konkrete Vorschläge für den Haushalt. Auch die Zuständigkeiten zwischen Land, Bund und Kommunen sind nicht klar verteilt. Und: Es fehlt an strukturpolitischen Ansätzen – etwa zur Stärkung ländlicher Räume. Nur auf die Städte zu schauen, reicht uns nicht.
Dabei liegen die Lösungen längst auf dem Tisch:
„Housing First“, Mietschuldenhilfe, aufsuchende Sozialarbeit, Rückkauf von Belegungsbindungen – alles erprobt und machbar. Was fehlt, ist der politische Wille zur Umsetzung. Einzelne Modellprojekte reichen nicht. Was wir brauchen, ist eine landesweite Strategie – mit klarer Finanzierung, verbindlichen Zielen und echter Unterstützung für die Kommunen.
Deshalb sagen wir:
Erstens:
Ein verbindlicher Landesaktionsplan. Die Kommunen dürfen nicht weiter allein gelassen werden.
Zweitens:
Flächendeckender sozialer Wohnungsbau – für Rentner und Rentnerinnen, Alleinerziehende, Familien mit kleinem Einkommen. Neben dem Bau von schicken Lofts etwa in Leipzig muss ein sozialer Gegenentwurf vorgelegt werden.
Drittens:
Mehr Prävention – Frühzeitige Beratung, Sozialarbeit, Mietschuldenhilfe müssen Standard werden.
Viertens, und das ist einer der wichtigsten Punkte:
Das Bau- und Planungsrecht muss grundlegend entschlackt werden. Wer bauen will, darf nicht an Bürokratie scheitern. Neue Sozialwohnungen dürfen nicht von bürokratischen Betonköpfen blockiert werden.
Klar dürfte auch sein:
Wir lehnen die Möglichkeit zur Beschlagnahmung privaten Wohnraums entschieden ab. Eigentum ist ein Grundrecht. Nicht einzelne Bürger sind das Problem – sondern Spekulation und Leerstand. Dagegen muss der Staat konsequent vorgehen. Enteignung löst hier keine Probleme, sondern schafft nur neue. Jeder Mensch ohne Wohnung steht für ein Schicksal. Eine Gesellschaft, die das sehenden Auges hinnimmt, verliert ihr soziales Gewissen. Wer sehen will, wo das hinführt, kann sich die Bilder der Zeltstädte in den Vereinigten Staaten anschauen und seine Schlüsse daraus ziehen.
Wir geben zu:
Der Antrag enthält Vorschläge, denen wir uns anschließen. Die Möglichkeit zur Beschlagnahme privaten Wohnraums lehnen wir aber aus grundsätzlichen Erwägungen ab.
Wir sehen den Staat in der Pflicht, Lösungen zu schaffen.
Gleichwohl stimmen wir einigen Punkten aus dem Antrag zu, er nicht in jedem Punkt perfekt – aber die Richtung ist die richtige.
Fangen Sie endlich an zu handeln.
Nicht irgendwann – sondern jetzt.
Nicht halbherzig – sondern entschlossen.
Im Interesse derer, die keine Lobby haben, aber ein Dach über dem Kopf brauchen.
Wir beantragen hiermit die punktweise Abstimmung des Antrages.
Vielen Dank.