Hilfe mit Herz: die Wohnungslosenhilfe der Stadtmission Chemnitz

Bild: Ronny Kupke

Der Tagestreff »Haltestelle« im Reitbahnviertel ist ein Ort, den es leider braucht; denn auch Chemnitz hat mit Wohnungslosigkeit zu kämpfen. Alfred Mucha, Leiter der Wohnungslosenhilfe, war so freundlich, mir die wertvolle Arbeit des Tagestreffs vorzustellen. Denn auch wenn Chemnitz von Wohnungslosigkeit nicht im gleichen Ausmaß betroffen ist wie andere Großstädte, so findet sie doch statt: abseits der Öffentlichkeit, im Stillen, auch weil die Betroffenen sich zurückziehen. In der »Haltestelle« der Stadtmission ist man für all jene da, für die sich sonst niemand zu interessieren scheint.

Der Tag begann mit einer Einführung in die rechtlichen Grundlagen: Sozialhilferecht, Ordnungsrecht und Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch, komplexe Sachverhalte – die Sozialarbeit ist eben nicht Singen und Klatschen, hier werden mit Leidenschaft und Augenmaß harte Bretter gebohrt. Denn in Deutschland ist auch die Fürsorge und Nächstenliebe zahllosen Gesetzen und Formalitäten unterworfen.

Bild: Ronny Kupke

Dann ging es ans Eingemachte, ich fand mich nicht nur hinter dem Tresen der Ausgabeküche, sondern mitten im Tagesgeschäft der »Haltestelle« wieder – zwischen Aufenthaltsraum, Sanitäranlagen, Spind- und Lagerräumen durfte ich auch Büro und Poststelle kennenlernen.

In der »Haltestelle« gibt es Frühstück, Getränke, gemeinsames Mittagessen sowie die Möglichkeit zu Duschen, Wäsche zu waschen und persönliche Dinge zu deponieren. Weiterhin stellt die Wohnungslosenhilfe eine Postadresse zur Verfügung, welche rege genutzt wird. Auch ist es ein Anlaufpunkt für Betreuerinnen und Betreuer.

Ich hatte die Gelegenheit, neben dem Einrichtungsleiter auch drei herzensgute haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen kennenzulernen und zu begleiten. Ihr Einsatz mit Herz und Überzeugung war spürbar, sie leben Sozialarbeit und Fürsorge. Beeindruckend war dabei auch die vertraute Atmosphäre: viele Besucherinnen und Besucher werden persönlich begrüßt und mit Namen angesprochen, man erkundigt sich, wie es so läuft, und meistens läuft es – irgendwie.

Bild: Ronny Kupke

Bei der Essensausgabe, bei der Ausgabe neuer Kleidung oder einfach im Gespräch mit den Besucherinnen und Besuchern erkennt man, wie hart die Realität von Menschen ohne festen Wohnsitz bisweilen ist – und wie unverzichtbar solche Einrichtungen für Würde, Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt doch sind. Es wird spür- und auch sichtbar, wie groß die Not und wie gering oft das Vertrauen in bestehende Strukturen ist und wie sehr Orte wie diese Zuversicht und Menschlichkeit zurückgeben können.

Alles dies zeigt, wie wichtig persönliche Beziehungen und Kontinuität in der Sozialen Arbeit sind. Zudem wird deutlich, dass das Ehrenamt dringend weiter gestärkt werden muss – auch mit Blick auf eine angemessene Anerkennung, etwa durch eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale. Auch bei den Zuweisungen an die Wohnungslosenhilfe greifen die aktuellen haushälterischen Sparmaßnahmen, welche sich durch verkürzte Öffnungszeiten und Schließtage an Wochenenden und Feiertagen bemerkbar machen. Denn auch wenn die Haltestation »Tagestreff« für jede freiwillige Zuwendung dankbar ist: von Spenden allein wird die Einrichtung ihren aktuellen Betrieb so nicht weiterführen können.

Bild: Ronny Kupke

Fazit: Wer früh hilft, hilft am besten. Viele Schicksale könnten vermieden werden, wenn präventive Unterstützung rechtzeitig greift. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, dass Menschen in Deutschland, die in solch außergewöhnliche Notlagen geraten, nicht einfach vergessen werden. Dafür kämpfen wir.

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