Folter in Deutschland? Nein, aber …
Vergangene Woche war ich von der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter eingeladen worden, um an der Veröffentlichung des Jahresberichtes 2024 teilzunehmen. Nach einer Begrüßung durch den Leiter der Bundestelle Ralph-Günther Adam und der Übergabe des Berichtes an Bundesministerin Dr. Hubig (Justizministerium) sowie Staatsministerin Prof. Geiert (Sächsisches Staatsministerium der Justiz) ging es an die Vorstellung.
Die Erkenntnisse im Bericht geben zu denken und sind teils erschütternd:
So stellte die Nationale Stelle erneut gravierende Verstöße gegen menschenrechtliche Mindeststandards fest. Dazu zählen u. a. menschenunwürdige Unterbringung in fensterlosen Hafträumen, tagelange Isolationshaft, rechtswidrige Fixierungen mit metallenen Fesseln und massive Überbelegung im Maßregelvollzug. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel mussten Besuche teilweise ausgesetzt werden.
Die dringend notwendige Budgetaufstockung kam erst Ende 2024, zu spät für eine kontinuierliche Mandatswahrnehmung. Die Ausstattung (personell und finanziell) bleibt im europäischen Vergleich deutlich unzureichend. Fernerhin bestehen gravierende Versorgungslücken in der psychiatrischen Betreuung von Gefangenen. Viele Anstalten haben weder ausreichend Fachpersonal noch adäquate Strukturen, wodurch psychisch auffällige Gefangene teilweise wochenlang isoliert oder unzureichend behandelt werden.
Empfehlungen der Nationalen Stelle werden in vielen Fällen von Bundesländern ignoriert oder als „lebensfremd“ abgelehnt – auch wenn diese Empfehlungen menschenrechtliche Mindeststandards betreffen.
Der Bericht fordert eine umfassende Verbesserung der Bedingungen in Einrichtungen des Freiheitsentzugs, insbesondere durch den Ausbau der psychiatrischen Versorgung, die Einhaltung menschenwürdiger Haftstandards und rechtssichere Verfahren bei Fixierungen und Abschiebungen. Gleichzeitig wird eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Nationalen Stelle selbst gefordert, um ihren gesetzlichen Auftrag wirksam erfüllen und regelmäßige Kontrollen aller rund 13.000 betroffenen Einrichtungen gewährleisten zu können.